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Im Zeitgeister-Podcast über BTS, Starkult und eine neue Fankultur

Ich höre eigentlich nur selten und wenige Podcasts. Einer dieser wenigen ist "Zeitgeister" von Ralf Schlüter, der mich mit seinen Themen und Gesprächen seit der ersten Folge immer wieder überrascht und überzeugt hat. In bester Weise werden Gegenwartsphänomene kulturhistorisch ergründet, immer originell, nie aufgesetzt. Rammstein wird in die Tradition der Gebrüder Grimm eingeordnet, es wird nach der Aktualität David Bowies angesichts des Klimawandels gefragt oder anhand von Radioheads „Creep“ eine Neubewertung der sogenannten 'Introverts' vorgenommen.  Ich freue mich sehr und bin geehrt, dass ich in die aktuelle Folge über Starkult eingeladen wurde und mit Ralf Schlüter über K-Pop sprechen konnte.

In dem Gespräch thematisiere ich unter anderem in mehrfacher Hinsicht Asymmetrien: Zum einen zwischen dem zahlenmäßigen Erfolg von K-Pop und dessen noch immer vorherrschendem Ausschluss aus dem westlichen Mainstream – der eigentlich immer angab und angibt, ‚international‘ zu sein und Popularität nicht zu behaupten, sondern zu messen. Zum anderen zwischen der Präsenz von K-Pop in den traditionellen Medien wie Radio oder Fernsehen und dem Internet.  

Diese Asymmetrien und die zugrundeliegende oder damit einhergehende Exotisierung von K-Pop (nicht nur in Zusammenhang mit Musik, sondern auch mit Filmen & Serien – Stichwort "Squid-Game-Land") lässt sich nicht nur entsprechenden Texten im Feuilleton entnehmen, sondern hat auch reale Konsequenzen – z.B. dass die meisten K-Pop-Stars bei den wichtigen Charts üblicherweise nicht vorkommen oder auf internationale Preise wie bei den VMAs in der Kategorie „Best Pop“ keine Chance haben, weil sie unter der eigenen Rubrik „K-Pop“ isoliert und damit vom Vergleich mit anderen Popmusiker:innen ausgeschlossen werden. Auch im Radio wird K-Pop verhältnismäßig wenig gespielt: MRC Data nach wurden BTS 2020 in sämtlichen US-amerikanischen Radiosendern nur 83,000 abgespielt. Taylor Swift – nur im Vergleich – wurde 1,5 Millionen mal gespielt, Post Malone 2,3 Millionen mal.

Gestern gewann BTS zum ersten Mal den wichtigsten Preis bei den American Music Awards: „Künstler des Jahres“. Taylor Swift landete auf Platz 2. Läutet das das Ende der Exotisierung ein? Vielleicht. Vielleicht ist es aber ein weiteres Beispiel für die Kluft zwischen Online-Erfolg und Präsenz in den traditionellen Medien. Denn der American Music Award wird vom Publikum per Online-Abstimmung vergeben.

Darum geht es:

Die südkoreanische Boyband BTS ist längst ein weltweites Phänomen geworden. Ihre Fans haben sich als »Army« organisiert und unterstützen die Stars nicht nur mit Klicks und Videos, sondern auch mit realen Dingen wie Verpflegung am Filmset. An BTS lässt sich ein neues Verhältnis von Star und Fan ablesen, letzterer wird im Zeitalter von Social Media vom Jünger zum Teilhaber. Wir im Westen haben uns an einen zynischen Umgang mit unseren Stars gewöhnt – können wir vom K-Pop einen besseren Umgang mit ihnen lernen?

Host: Ralf Schlüter, geb. 1968, lebt als Kulturjournalist in Berlin. Seine Jugend verbrachte er zu etwa gleichen Teilen in Plattenläden, Buchhandlungen und Museen, immer schon mit Hang zur Querverbindung: eine Zeile von Bob Dylan brachte ihn auf den Dichter Ezra Pound, ein Patti-Smith-Plattencover auf die zeitgenössische amerikanische Fotografie. Während seines Literaturstudiums im Berlin der 90er schrieb er für den deutschen Rolling Stone und die Berliner Zeitung nicht nur über Musik. Von 2006 bis 2020 war er Stellvertretender Chefredakteur des Kunstmagazins Art. Seit 2013 moderierte er die Sendung Art Mixtape beim Webradio ByteFM. Seit dem 16. Juni 2021 läuft sein Podcast »Ulysses lesen«, der sich mit dem berühmten Roman von James Joyce beschäftigt. Im Podcast Zeitgeister erkundet Schlüter, von der Musik ausgehend, den Kosmos der Gegenwartskultur noch einmal neu: auf der Suche nach übersehenen Details und unerzählten Geschichten. 

 
 
 

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