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Warum Katzen malen | Mockumentary über Katzenkunst

1995 erschien im Taschen-Verlag ein Buch, das in Vergessenheit geraten ist: "Warum Katzen malen. Eine Theorie der Katzen-Ästhetik." Zu unrecht, denn bei diesem Buch handelt es sich um eine selten gelungene Mockumentary in Buchform des Autoren und Cartoonisten Burton Silver und der Illustratorin Heather Busch.   Dem Mythos darf man niemals aufs Wort glauben, das soll Goethe zu Marbot gesagt haben, wenn man Wolfgang Hildesheimer für wahr nimmt. In dem 1981 veröffentlichten Roman „Marbot. Eine Biografie“ sollte man jedoch weniger der detailgetreuen wissenschaftlichen Untersuchung über den englischen Kunstpsychologen Sir Andrew Marbot Glauben schenken als vielmehr dem Zitat, das Goethe zu Beginn des Buches in den Mund gelegt wird. Denn Marbot ist eine Erfindung. „Warum Katzen malen. Eine Theorie der Katzen-Ästhetik“ von 1995 ist da nicht ganz so glaubwürdig, wenngleich stilistisch sehr gut durchdacht. Würde es sich nicht um ein Buch, sondern um einen Film handeln, dann ließe er sich guten Gewissens als gelungene Mockumentary bezeichnen. So beginnt das Buch mit archäologischen Fundstücken. Im Grab des Wesirs Aperia am Westufer des Nils machte man 1990 angeblich eine bahnbrechende Entdeckung: eine Gruppe australischer Archäologen fand zwei mumifizierte Katzen. Das, so möchte man zunächst meinen, sei wahrlich nichts Besonderes. Doch es waren auch nicht die Katzen, welche Aufsehen erregt hatten, sondern das, was sie zwischen ihren Pfötchen hielten: eine Papyrus-Rolle. Darauf befanden sich „deutlich sichtbare Abdrücke von Katzenpfoten.“ Was die Autoren daraus schlussfolgern? Das es sich dabei um die frühesten Gemälde aus der „Hand“ einer Katze handeln müsse. Spätestens jetzt ist klar: die titelgebende Frage - Warum Katzen malen - wird nicht aus Sicht eines Künstlers gestellt, der sich der Katze als Motiv verpflichtet hat. Vielmehr behandelt das Buch eine klassische anthropologische Frage, wäre es nicht ein Tier, dessen Motivationen man auf die Spur kommen möchte. Auf der zur Beschreibung des Fundstücks dazugehörigen Abbildung sieht man ein gefälschtes Papyrus-Blatt, auf dem eine Katze abgebildet ist, die malt. Den aufgerichteten Schwanz interpretieren die Autoren als Zeichen dafür, dass die Katze mit ihrem Bild zufrieden ist. Im zweiten Teil des Buches wird die Geschichte der modernen Katzenkunst und mit ihr die moderne Katzenkunstgeschichtsschreibung anhand von ausgewählten Katzenkünstlern und katzenkünstlerischen Ausdrucksformen erzählt. Da gibt es Kater Pepper, den Meister der Porträtkunst, Katze Minnie, die abstrakte Expressionistin oder Rusty, den psychometrischen Impressionisten. Was früher als Reviermarkierung missverstanden wurde - das Kratzen an Bäumen oder verscharrendes Pinkeln - seien eigentlich Versuche, sich künstlerisch auszudrücken. Hierfür müsse man den Katzen nur Farbe zur Pfote geben, dann würden sie beginnen, sorgfältig Linien zu ziehen oder ganz im Geiste Jackson Pollocks abstract zu painten. Die Parodie gilt jedoch nicht nur der modernen Kunst, sondern auch den wissenschaftlichen Versuchen, Tieren Kreativität nachzuweisen. Zurück gehen derartige Versuche, die darin münden, Affen, Elefanten oder Katzen zum Malen zu trainieren, auf die These, dass der Mensch vom Affen abstammt. Der Nachweis einer Fähigkeit zu Kreativität sollte die Ähnlichkeiten endlich auch visuell erfahrbar machen. Frühe Versuche gehen auf die Moskauer Verhaltensforscherin Nadjeschda Kohts zurück, die 1913 einen jungen Schimpansen Bilder malen ließ. Ein wesentlich größeres Aufsehen erregte 1963 der Tierpsychologe Desmond Morris. Dieser hatte seinen Versuchsaffen Congo Bilder malen lassen, mit der Schlussfolgerung: "Heute haben der letzte Affe und der moderne Mensch das gleiche Interesse an der Herstellung von Bildern, man könnte sogar behaupten: Wenn ein zeitgenössischer Künstler ein Bild malt, hat er dafür kaum wesentlichere Gründe als ein Schimpanse.“ Angeblich soll sogar Pablo Picasso einen echten Congo erworben haben. Doch nicht nur der Text ist in seiner Persiflage der modernen Kunst sowie darwinistischer Tierversuche präzise und humorvoll, sondern vor allem die dazugehörigen Fotografien. Sie zeigen besonders ausgefallene Katzen (Künstler sehen ja auch immer etwas exzentrisch aus) vor ihren Kunstwerken oder beim „Malen“. Die dazugehörigen Bildunterschriften sind so witzig, dass sie sogar im Quatsch Comedy Club vorgestellt wurden. Zum Schluss gibt es daher ausgewählte Beispiele:                  

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